Hallo Barlow,

erst jetzt kann ich über dein Leben und deinen Tod reden, es tat einfach zu weh, sorry Darling. Ich lernte dich kennen als ich bei der AWO arbeitete. Jeden Tag kamst du angeschlichen und wurdest von uns mit Streicheleinheiten und Futter verwöhnt, gehört hast du niemanden.

Eines Tages hieß es dann, das der Kater wegmuß. Wenn ihn niemand nimmt kommt er ins Tierheim. Ich sagte sofort, das ich ihn zu mir nehme und so bist du am nächsten Tag im Katzenkorb mit mir nach Hause gefahren und hier eingezogen. Wenn es Gentlemen unter den Katzen gibt, du warst einer davon. Unheimlich lieb, sanft und ein Superschmuser. Nie hast du gekratzt oder gebissen und du hast immer neben mir auf dem Kopfkissen geschlafen und mich in den Schlummer geschnurrt. Deinen ungewöhnlichen Namen hast du von einem meiner Lieblingssängern, Matt Barlow von Iced Earth. Ein rothaariger Kater kann nur wie ein rothaariger Sänger heißen.

Ja und dann kam dieser unselige Tag... Ich wartete vor dem Haus auf Bianca. Du warst auf der anderen Straßenseite. Ein Cabrio kam mit überhöhter Geschwindigkeit angefahren, hinter ihm kein Auto, auf der Gegenseite auch weit und breit kein Auto.Er hätte ausweichen oder bremsen können aber nein.  Ich wedelte mit den Armen als ahnte ich etwas und schrie, während du losgelaufen bist. Keine 3 Meter von mir entfernt mußte ich mitansehen, wie du unter den Reifen kamst, hörte wie dein Körper am Bodenblech aufschlug, sah, wie du in den Rinnstein geflogen bist. Ich mußte zusehen wie du getötet wirst. Er hat nicht mal abgebremst, angehalten oder sich umgedreht, er fuhr einfach weiter als wäre nichts geschehen.

Ich rannte zu dir. Du hast noch versucht hochzukommen und deine Pupillen waren ganz weit. Dein Kiefer war zertrümmert, ein breiter schwarzer Streifen vom Autoreifen zog sich quer über dein seidenweiches Fell und Körper. Ich habe diesen Anblick wochenlang nicht aus dem Kopf bekommen, immer wieder liefen diese schrecklichen Sekunden wie ein Film in meinem Kopf und auch jetzt sind die Bilder wieder da. Mein wundervoller Liebling, nie hast du einem Menschen etwas getan und dann tötet dich ein Mensch einfach so gleichgültig und rücksichtslos.

Als ich mit dir am Rinnstein saß, wußte ich, das man dir nicht mehr helfen kann, das kein Arzt dir helfen kann und wir nicht schnell genug beim Tierarzt sein werden. Alles, was ich noch für dich tun konnte war, dir den Kopf zu streicheln und mit dir zu flüstern. "Lass los Barlow, geh zu deinen Freunden, die warten auf dich und ich werde dich immer lieben. Geh mein Schatz, gleich hast du es geschafft, gleich ist es gut, gleich tut es nicht mehr weh..."  während mein Herz und meine Seele nur laut "NEIN!" schrie. Dein letzter Blick, dein letzter Atemzug, dann war es vorbei. Zwei Gärtner kamen angelaufen von gegenüber, sie hatten den Knall gehört als das Auto dich tötete. Ich saß am ganzen Körper zitternd mit flatternden Händen neben dir und konnte nur wirres Zeug stottern. Einer nahm mich in den Arm und dann stotterte ich das, man dich in meine Arme legen soll. Ich trug dich still und leise nach Hause mit puddingweichen Knien und weinte, weinte, weinte während ich immer wieder sah, wie du unter dem Auto rumgewirbelt wurdest.

Bianca kam, während ich dein Grab vor meinem Fenster schaufelte, ich begrub dich, solange du noch warm und mein Kater warst. Ein letzter Kuss auf deine Nase, ein letztes Mal streichelte ich dein weiches Fell... Jetzt wächst ein duftender Rosenbusch auf deinem Grab und nachts rieche ich wie die Rosen duften als wäre es ein Gruß von dir.

Erst jetzt kann ich über dein Leben und deinen Tod schreiben. Und erst jetzt bin ich bereit für eine neue Katze.Und genauso wie du wird es wieder eine ungeliebte Katze sein, die kein Zuhause hat, wird es wieder eine besondere Katze sein so wie du und all meine Katzen, die mich mein Leben lang begleiteten. Und genauso wie ich keine von ihnen vergessen habe, werde ich dich nicht vergessen. Eines Tages werden du und all die anderen Katzen wieder zusammensein, kuscheln, schmusen, zusammen Abenteuer erleben und wir werden uns schrecklich viel zu erzählen haben. Auf diesen Tag freue ich mich jetzt schon.

Ich liebe dich, Barlow. Grüß Schlomo, Flocke, Müsli, Fussel, Gustav, Renate, Freitag und Dschinghis von mir und sage ihnen, das ich sie liebe.

Deine Esther